Ende Feber standen in Tirol Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen am Programm. In genau einem Jahr folgen die Landtagswahlen. LH-Stv. Ingrid Felipe (Grüne) gab auf Grund des heftigen innerparteilichen Drucks bekannt, dass sie dort nicht mehr als grüne Spitzenkandidatin zur Verfügung stehen wird. Die Umfragewerte der Platter-ÖVP rasselten auf einen Tiefststand. Wie beurteilt Tirols oberster Freiheitlicher, Mag. Markus Abwerzger, die politische Lage? PZ-Redakteur Bernhard Rangger bat aus aktuellem Anlass den Landesparteiobmann zum Interview.
PZ: Wie beurteilen Sie das Abschneiden der FPÖ bei den Gemeinderatswahlen?
Abwerzger: Zunächst möchte ich einmal festhalten, dass es sich bei den Gemeinderatswahlen um Persönlichkeitswahlen handelt und viele Listen als Bürgerlisten angetreten sind. Gesamt war die Wahl für uns durchwachsen, auch wenn es sich um das zweitbeste Ergebnis handelt, das die freiheitlichen Mandatare je bei einer Gemeinderatswahl in Tirol erreicht haben. So wurden wir von den Wählern tirolweit klar zur drittstärksten politischen Kraft gewählt. Wir konnten erstmals am Seefelder Plateau Fuß fassen und wir stellen nach dem Stichwahlsieg in Kramsach mit Andreas Gang einen freiheitlichen Bürgermeister.
PZ: Was bedeutet das aus ihrer Sicht für die Landtagswahl?
Abwerzger: Direkten Zusammenhang mit dieser Wahl sehe ich keinen. Wir sind derzeit aber die einzige Kraft in Tirol, die das System Platter aufbrechen und beenden will, da offenbar nur noch wir bereit zur Erfüllung der Oppositionsarbeit sind. Auch die Neos und insbesondere Georg Dornauer von der SPÖ biedern sich nur noch den Regierungsparteien an, als hätten sie längst einen Sideletter mit Platter über die kommende Regierung in einem Jahr abgeschlossen. Wir hingegen wollen nicht Teil dieses Systems sein. Wir wissen, dass es Veränderung braucht und dass es auch eine reelle Chance gibt, die Macht der ÖVP bei dieser Wahl zu brechen. Nach den letzten Umfragen hält Platters Liste derzeit bei 32 Prozent. Da muss doch allen bewusst sein, dass abseits der ÖVP genügend Spielraum zur Zusammenarbeit besteht und es Gott sei Dank nicht mehr in Stein gemeißelt ist, dass auch die nächste Landesregierung nur mit den Schwarzen möglich ist.
PZ: Auf Grund des Ukrainekriegs rollt auf Tirol eine der größten Flüchtlingswellen der Geschichte zu. Wie wollen sie dieser Herausforderung begegnen?
Abwerzger: Drei Mio. Menschen haben bereits das Land verlassen. Ganz viele – vor allem Frauen und Kinder harren noch in der Westukraine aus und werden – bei Fortsetzung der Kampfhandlungen das Land noch verlassen. Wir müssen also jetzt sofort den Nachbarländern, wo diese Menschen ankommen, helfen und in der Folge auch die Menschen auf ganz Europa verteilen, bis dieser Krieg vorbei ist. Wir Österreicher müssen uns daran erinnern, dass die Westukraine (früher Galizien) Habsburger Gebiet war, das sind Christen. Im Gegensatz zur Flüchtlingswelle 2015/16 handelt es sich um Nachbarn und um reine Kriegsflüchtlinge, die auf eine zeitlich begrenzte europäische Hilfe angewiesen sind.
PZ: Was unterscheidet den Flüchtlingsstrom von jenem vor sieben Jahren?
Abwerzger: Damals kamen viele von anderen Kontinenten und aus anderen Kulturkreisen, um in Österreich zu bleiben. Es waren viele Wirtschaftsflüchtlinge dabei, die inzwischen einen negativen Asylbescheid haben. Mehr als 50 Prozent, die einen Aufenthaltstitel bekommen haben, sind am österreichischen Arbeitsmarkt nicht zu integrieren. Es ist ein Versagen der Bundesregierung, dass diese Menschen immer noch nicht abgeschoben wurden und nunmehr die Asylheime blockieren, die wir dringend für die Ukrainehilfe bräuchten.
PZ: Der Krieg in der Ukraine hat in Österreich eine Debatte über die Neutralität entfacht.
Abwerzger: Ich sag nur eines: Hände weg von Neutralität. Die ist wichtiger denn je. Wir sind gut beraten, wenn wir auch in Zukunft neutral sind und keine österreichischen Soldaten in irgendwelche kriegerischen Auseinandersetzungen hineingezogen werden. Stellen sie sich vor, was das für Bilder wären, wenn am Flughafen in Wien die Holzsärge von gefallenen österreichischen Soldaten ankommen würden. Sowas wollen wir nicht und deshalb treten wir auch dafür ein, dass das Budget für das Bundesheer – und somit auch für die Selbstverteidigung – auf ein Prozent des Bundeshaushalts angehoben wird.
PZ: Die Krise hatte eine Teuerungswelle zur Folge. Wie wollen sie dieser begegnen?
Abwerzger: Die Teuerung ist aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten derzeit nicht nachzuvollziehen. Rohöl ist am Weltmarkt günstig. Es gibt keinen Notstand, trotzdem explodieren die Preise. Da wollen sich offenbar Spekulanten und mit ihnen der Staat eine goldene Nase verdienen. Während die Inflation bereits auf über fünf Prozent gestiegen ist, liegen die jährlichen Lohnanpassungen bei zwei Prozent. Den Leuten bleibt immer weniger im eigenen Geldbörserl. Der österreichische Staat wäre gut beraten, dem ungarischen Beispiel zu folgen und sofort einen Preisstopp umzusetzen. Außerdem müssen wir all jenen unter die Arme greifen, denen es nicht so gut geht. Die Tiroler Landesregierung hat ja vor Kurzem unseren Antrag umgesetzt und einen großzügigen Heizkostenzuschuss umgesetzt. Auch den Ausgleich für die Pendler müssen wir dringend erhöhen, denn sonst trifft es wieder die Tiroler in den Tälern, denn nach Sölden oder Kaisers im Außerfern fahren keine Bahnen, und die Pendler dort sind auf den privaten Pkw angewiesen. Sie brauchen unsere Unterstützung.
PZ: Danke für das Gespräch.
Subscribe to Updates
Get the latest creative news from FooBar about art, design and business.
Previous Article25 Jahre nordweis Unternehmensgruppe
Next Article Vorerst keine Tariferhöhung im Kindergarten