Unter dem Titel „Schneekatastrophe in Bayern – Ein Jahr danach“ veröffentlichte kürzlich DI Wolfgang Schwind aus Mittenwald in der Fachzeitschrift „Bauzentrum Energiebewusstes Bauen“ einen Artikel, in dem er sich mit den Auswirkungen der Niederschläge zwischen 9. und 15. Jänner 2019 auseinandersetzte. Als Bausachverständiger musste er in dieser Zeit, in der in der Region Garmisch der Katastrophenfall ausgerufen wurde, viele Gebäude beurteilen und als Statiker die Entscheidung treffen, ob Dachkonstruktionen von Schnee zu befreien sind.
DI Schwind schreibt in dem Artikel unter anderem: „Die Niederschlagstätigkeit baute sich im Wesentlichen über die Tage vom 9. bis 12. Jänner 2019 auf, so dass regional bis zu 50 cm Neuschnee auf die vorhandene Schneedecke fielen. Was jedoch für die Beurteilung der Situation wesentlich war, war ein angekündigter Übergang mit Tauwetter und Regen in den Tagen um den 12. bis 13. Januar mit Regen bis zu einer Ortshöhe von 1000 m NN. Das hätte die Schneelasten auf den Dächern durch das hinzukommende Wasser erheblich vergrößert.
Der Anstieg der Temperaturen führte zwischenzeitlich dazu, dass die Schneedecke zu tauen begann und in der Folge Flüsse in Bayern anschwollen und es zu Überschwemmungen kam. Der Zustrom kühler und trockener Luftmassen aus Nordosten führte dann um den 14. und 15.01. zu einer Wetterberuhigung. Deutlich zeichnete sich ab, dass der Osten der Bayerischen Alpen wesentlich mehr Schneeeinwirkungen aufwies und diese sukzessiv nach Westen abnahmen, ausgenommen einzelne Gebiete, wie die Region Mittenwald im Landkreis Garmisch-Partenkirchen.“
Schwind weiter: „In diesem Landkreis war es der Ort Krün, der die meisten Schneemassen abbekommen hatte. Historisch gesehen war es am 12. Jänner mit einer Schneehöhe von 152 cm die größte Schneehöhe, die jemals dort gemessen wurde. Die zweitgrößte Schneehöhe wurde 1981 mit 106 cm gemessen.“ Er weist aber auch darauf hin, dass „die größte Schneehöhe nicht automatisch auch die größte Schneelast bedeutet, es wurde nämlich eine Last von 182 kg/m2 ermittelt bei einer Dichte von 120 kg/m3. Die jedoch größte in Krün jemals ermittelte Schneelast wurde am 7.02.1981 mit 255 kg/m3 bei einer Schneehöhe von 85cm gemessen.“
„Nachdem sich um den 16.01.2019 der Himmel aufhellte und die Schneefälle nachließen, dachten wahrscheinlich die wenigsten Hausbesitzer darüber nach, dass die Schneelasten im Februar dann wesentlich höher waren. Die Schneefälle waren ja nicht zu Ende, eine weitere Verfolgung der Situation zeigt Erstaunliches: Im Landkreis Garmisch-Partenkichen, den Orten Mittenwald, Krün und Wallgau wurden die höchsten Schneelasten etwa einen Monat später mit nochmaligen Erhöhungen von ca. 25 % gemessen.“
Schwind, der in diesem Zeitraum als Bauingenieur (Statiker) ehrenamtlich viele Gebäude begutachten musste, stellte fest, dass „diejenigen Gebäude, deren Dachstuhl ohne Firstpfetten gebaut wurden, gefährdet waren, weil Horizontalkräfte auf den Bereich der Fußpfetten abgegeben wurden, insbesondere, wenn die ursprünglich vorhandenen Streben bei diversen Umbaumaßnahmen entfernt wurden. Hier wurde ein Abräumen veranlasst bzw. empfohlen.“
Es gab aber auch schwere Mängel bei Neubauten. Als Beispiel führt er ein Gebäude an, das um 1960 errichtet wurde und „um 2012 eine neue Dachkonstruktion bekommen hat. Beim Eintreten in den Raum war sofort ersichtlich, dass der Tragbalken, der die Firstpfette stütze, sich stark verformt hatte. Am Auflager des Balkens waren aufgrund der Verformungen schon Abplatzungen des Farbauftrags und des Putzes ersichtlich.“
Am Ende des Artikel kommt er zum Schluss, dass „tatsächlich eine große Menge an Schnee kurzzeitig Anfang Januar in den Alpen und dem Bayerischen Alpenrand gefallen ist. Der Artikel nennt die Zahlen, die für eine sachgerechte Beurteilung der Situation unabdingbar waren. Völlig unbeachtet blieb jedoch dabei, dass die höchste Schneelast im Februar auftrat, wo über eine Katastrophe niemand mehr nachgedacht oder berichtet hat. Sicher ist festzustellen, dass bedenkliche Dächer im Januar abgeräumt wurden, die nunmehr in der Lage waren, neuen Schneemengen schadenfrei aufzunehmen.“
Da zuletzt in Medienberichten darauf hingewiesen wurde, dass in einigen Landkreisen keine Privathäuser mehr vom Schnee befreit werden, gibt Schwind zu bedenken, dass Bauwerke in Zeiträumen entstanden sind, in denen die entsprechenden Regelwerke nicht die erforderlichen Schneelasten ausgewiesen haben, ein Hinweis auf den Bestandsschutz nicht hilfreich sei. Er regt an, Bestandsblätter zu erarbeiten, um für den Fall einer Überlastung gerüstet zu sein. „Bei den Untersuchungen vor Ort zeigte sich oft, wie hilflos die Beteiligten waren!“
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